Die Klima- und Energie-Modellregionen (KEM) aus ganz Österreich trafen sich heuer im Rahmen der jährlichen Hauptveranstaltung in der KEM Carnica Rosental in Velden am Wörthersee organisiert durch KEM-Manager Armin Bostjančič-Feinig. Dieses Vernetzungstreffen der 105 KEM-Manager*innen sowie der 10 Greenstarter war die erste größere Veranstaltung 2021 des Klima- und Energiefonds, die wieder physisch stattgefunden hat.
Nach der motivierenden Videobotschaft von Bundesministerin Leonore Gewessler setzten Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, und Ferdinand Vouk, Bürgermeister von Velden, mit ihren Begrüßungsreden fort. Höbarth unterstrich dabei das Gelingen des Brückenschlags der Klimaschutzarbeit zur Politik und der damit verbundenen Erhöhung zur Verfügung stehender Gelder, nämlich der Verdoppelung des Etats gegenüber 2019.
Energiegemeinschaften. Im Klima- und Energiefonds konzentriert sich nun die neu eingerichtete Koordinationsstelle für Erneuerbare Energiegemeinschaften darauf, qualitativ gesicherte, möglichst große, sektorgekoppelte, bis 40.000 Menschen umfassende Energiegemeinschaften auf den Weg zu bringen. Die KEMs stellen für dieses Unterfangen den perfekten Nährboden dar und sollen nach der Etablierung einiger Pionierregionen schließlich der Startpunkt für das österreichweite Ausrollen sein. In diesem Bereich soll Österreich als „Game Changer“ die Vorreiterrolle in Europa einnehmen.
Heizungsumstellung. Heidelinde Adensam (BMK, Abteilung Energieeffizienz und Gebäude) eröffnete das Thema „Raus aus Öl“ mit einem Vortrag zur österreichischen Wärmestrategie. Ziele sind dabei der stufenweise Ausstieg aus Fossilen im Bestand durch Tausch, Stilllegung beziehungsweise Umstellungsangebote von Heizanlagen sowie keine fossile Energie mehr in Neubauten. (Für feste und flüssige Heizsysteme werden seit 2021 keine Anschlüsse mehr genehmigt, gasförmige Heizsysteme folgen ab 2025).
Im mehrgeschoßigen Wohnbau wird es laut Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz ab 2035/40 die Verpflichtung zu erneuerbar zentraler oder erneuerbar dezentraler Wärme- und Kühlversorgung geben. Auch das Thema des Gebäudestatus spielt bei „Raus aus Öl“ eine wesentliche Rolle. Die KEMs werden aufgerufen, ein Bindeglied zur Bevölkerung zu bilden, Betroffene zu informieren und Gemeinden dazu zu motivieren, sich Ziele zu setzen, wie etwa eine „heizöl- und kohlefreie Gemeinde“ zu werden.
Bei der KPC wurde für „Raus aus Öl“ gemeinsam mit der Sanierungsoffensive ein rund 650 Millionen Euro schweres Förderpaket geschnürt, meinte Jan Paulsen (KPC – Abteilung Wohnen & Energie) und rief gemeinsam mit Birgit Thallinger (Ansprechpartnerin in der KPC für KEM-Invest) dazu auf, geeignete Projekte einzureichen, zumal in diesem Bereich noch rund 575 Millionen Euro an Förderungen lukrierbar sind.
Die „Raus aus Öl“-Zielgruppen. „Wie ImmobilienbesitzerInnen zu Heizungstausch und Sanierungen stehen“, damit beschäftigte sich Karina Knaus von der Österreichischen Energieagentur in der Studie „motEEvate“ gemeinsam mit dem SORA Institut. Sie konnte im Zuge einer Clusteranalyse vier unterschiedlich motivierte Gruppen in der Bevölkerung ausmachen. In einer Online-Zuschaltung erfuhren die KEM-ManagerInnen von Knaus, welche Einstellungen, Motive und Barrieren bei „Aufgeschlossenen“, „Verunsicherten“, „VorreiterInnen“ und „VerweigerInnen“ in Bezug auf die Nutzung fossiler Energie identifiziert wurden.
Dass in den KEMs selbst bereits sehr große Expertise in Zusammenhang mit Aktivitäten zu „Raus aus Öl“ vorhanden ist, bewiesen Andrea Moser (KEM Das ökoEnergieland), Anton Schuller (KEM Hartberg), Bernhard Reinitzhuber (KEM Terra Amicitiae), Gerhard Pausch (KEM Salzburger Seenland), Monika Forster (KEM Vorderwald) und Verena Litschauer (KEM Lainsitztal). Der Maßnahmenbogen spannt sich von Sorglos-Ausstiegspaketen, Goodies in Form von Pelletsgutscheinen, einem Tag der offenen Heizraumtür, Bürgermeisterbriefen, Bauherren-Abenden, 150-Häuser Programmen und Förderinfos bis hin zu sehr kalten Infoabenden mit InstallateurInnen.
Weitere Maßnahmen konnten die KEM-ManagerInnen in Kleingruppen an ihren Tischen erarbeiten und austauschen, wobei die unzureichende Datenlage in Bezug auf die aktuellen Bestände als eine der größten Hürden bei der Initiative „Raus aus Öl“ identifiziert wurde.
Neues Förderprogramm. KEM-Programmmanager Christoph Wolfsegger bescheinigte im Block „Aktuelles vom Klimafonds“ dem Programm ein gesundes Wachstum – 45 Prozent aller Gemeinden Österreichs sind bereits KEM-Gemeinden – und gab einen Überblick über aktuelle Themen. Allem voran zu nennen sind dabei „Energie aus Abwasser“ (siehe dazu auch den neu erstellten Leitfaden) sowie „Green Finance“ mit Teilförderungen im Bereich „Wirtschaftlichkeitsberechnungen“ und „Nebenkosten der tatsächlichen Platzierung“. Ab Herbst kann nun auch wieder für das Klimaschulen-Programm eingereicht werden.
Stefan Reininger vom Klima- und Energiefonds sprach in seiner Zuschaltung über PV-Muster- und Leuchtturmprojekte und Erneuerbare Energiegemeinschaften, bevor Herwig Kolar und Simon Klambauer in einer unvergesslichen Darbietung die europäische Mobilitätswoche vorstellten.
greenstart. Ein weiteres Highlight waren danach die greenstarter, die Top-10 aus dem Start-up-Programm des Klima- und Energiefonds. Die Innovation-Farm Edtbauer OG, Conow, Arteria – Digitale Wärmenetze, VeloConcerts, REED.uce, EDDI Mobility GmbH, Plantika GmbH in Gr., Lignovations GmbH in Gr., easyVEGAn GmbH und Die Pflanzerei präsentierten ihre innovativen Businessmodelle und vernetzten sich anschließend parallel zum Dies-&-Das-Themenblock auf den Terrassen des Casinos Velden mit den KEM-ManagerInnen.
KEM-Wahlen. Die Abendveranstaltung im Kastaniengarten des Hotel Velden – Bacherlwirt wurde von Landesrätin Sara Schaar eröffnet. Ingmar Höbarth, Bettina Bergauer (BMK) und Christoph Wolfsegger verliehen die Auszeichnung „KEM-Managerin des Jahres“ an Daniela Schelch von der KEM Karnische Energie. Den Preis für das KEM-Projekt des Jahres teilen sich heuer sechs Kärntner KEMs (KEMs Carnica Rosental, Feldkirchen & Himmelberg, Görtschitztal, Lieser- Maltatal, Millstätter See, Nockberge und die Um-Welt), die für ihr Projekt „Online-Veranstaltungsreihe und Medienkooperation“ ausgezeichnet wurden.
Jeweils zwei Exkursionsorte – von Mustersanierungen über die Veldener Begegnungszone bis hin zu E-Car-Hotspots – konnten die KEM-ManagerInnen aus einem Angebot von insgesamt neun Stationen am zweiten Tag der Veranstaltung auswählen und besuchen.
KEM QM. Das Prozedere und die Inhalte einer Auditierung durch das KEM QM sowie den Einsatz von Erfolgsindikatoren fasste Gregor Thenius (Österreichische Energieagentur) zusammen, bevor zum zweiten Schwerpunktthema „KEM-Weiterentwicklung“ gearbeitet wurde. Christoph Wolfsegger und Claudia Leichtfried (Energy Changes Projektentwicklung GmbH) stellten den Prozess rund um die Weiterentwicklung und die Ergebnisse aus dem im Vorfeld an alle KEM-ManagerInnen und VertreterInnen des KEM QM ausgesandten Fragebogen dar.
Vertiefend wurde in fünf Gruppen zu „Budget/Stunden- und Arbeitsausmaß“, „Differenzierung von KEMs“, „Maßnahme für Unvorhergesehenes“, „Qualitätssicherung“ und „Kooperationen mit anderen Programmen, insbesondere LEADER und e5“ diskutiert, mit jeweils drei Empfehlungen an das KEM-Programm-Management. Diese Empfehlungen werden in den Prozess zur KEM-Weiterentwicklung einfließen.
Mehrere Programme, ein Ziel. Kooperationsmöglichkeiten der beiden Programme KEM und LEADER waren anschließend auch gleich Gegenstand der Präsentation von Bernhard Ferner (Umweltbundesamt), der neben der Vorstellung der aktuellsten Karten zu den Regionstypen auch dringend dazu aufrief, das Klimawissen aus den KEMs verstärkt in sämtliche regionale Programme einzubringen.
Diesen Appell könnte die Stelle einer „KEM-Plattform“ oder „KEM-Servicestelle“ aufgreifen, die Simon Klambauer (KEM Sterngartl-Gusental) im gleichnamigen Leitprojekt – unter Einbeziehung möglichst aller KEM-ManagerInnen – zu etablieren versucht. Meinungen der Teilnehmenden zu Aufgaben, Struktur und Finanzierung einer solchen Stelle wurden diskutiert.
Covid-konform. Die gesamte Veranstaltung wurde unter strengster Einhaltung der geltenden und empfohlenen Covid-Bestimmungen unter dem Beisein einer Covid-Beauftragten nach einem eingereichten Covid-Konzept durchgeführt. Von einer extern beauftragten Testfirma wurden alle Teilnehmenden vor Eintritt in den Seminarraum getestet. Während der Veranstaltung galt durchgehend Maskenpflicht, sämtliche Flächen sowie Mikrofone wurden mehrmals zwischendesinfiziert. Außerdem wurden alle Speisen und Getränke zu den fix zugewiesenen Sitzplätzen serviert, um etwaiges Gedränge vor einem Buffet zu vermeiden.
Text: Andrea Trumler-Berneck
Foto: Robert Koch